Sonnig und ruhig an Heiligabend bei uns in Kroatien. Was braucht man mehr.
In der glücklicherweise 8 Km entfernten Provinzstadt bekamen auch wir den Kaufrausch und Vorweihnachtsstress ganz so wie einst in der deutschen Heimat zu spüren. Irgend etwas vergisst man fast immer, daher musste auch ich nochmal zu Müller und Lidl. Was ein Kampf um teilweise unnützes oder unwichtiges Zeug. Welch Aufregung, hektisches Gestoße und Gezerre mit den Einkaufswagen, ohne dass ein Grund dafür ersichtlich wäre. Weihnachten, Du Fest der Liebe, der Familie und der Besinnung.
Auf dem Weg nach Hause in Richtung Einöde abgebogen, schien die Zeit still zu stehen. Kein Auto, kein Mensch und auch kein Tier zu sehen. Und wenn doch eines, so wie auf dem Foto von der Hofeinfahrt, dann ist dies aus Stroh. Zu besonders trockenem Stroh geworden wünsche ich mir manchmal Menschen, die scheinbar nur auf Erden sind, um nicht gutes mit ihren Mitmenschen im Schilde zu führen. Allen voran die gutmenschlichen Politiker, die scheinbar einen ganz anderen Planeten verwalten als die mir alt bekannte Erde, so wie ich sie einst kennen und lieben gelernt habe.
Eine große Wildgänse-Familie ist schon zurück gekehrt. Soll das heißen, dass man mit einem harten Winter nicht mehr zu rechnen braucht?
Das Autofenster habe ich etwas geöffnet, um mir den Fahrtwind um die Nase wehen zu lassen. Erst der Duft der hier besonders reinen Luft, die gelegentlich von den ersten Bratendüften verfeinert wird, lässt aus der in mildem Sonnenlicht getauchten Landschaft wie sie kein Maler auf Leinwand bringen könnte, wahrhaftiges und traumhaft schönes Leben werden. Ich genieße diese Zeit sehr, in der sich die große Masse der Menschen dem Kaufrausch hingibt. Keines diese Lebewesen auf zwei Beinen stört das Landschaftsbild außerhalb der Städte mit ihren Einkaufsstraßen und Supermärkten. Ab und zu verraten Rauschschwaden direkt neben den Häusern in der Ferne, dass dort sehr wahrscheinlich das in Kroatien zu Weihnachten traditionelle Spanferkel am Feuer gegrillt wird. Manchmal ist es auch Lamm, dass am Spieß dicht neben den großen, gut ausgewählten Holz-Scheiten seine Runden dreht.
Den beschaulich-schönen Heiligabend möchte ich so lange und intensiv wie es nur geht, beibehalten und genießen. So kommt es, dass das frühabendliche Festtagsessen schon nach 15 Minuten beendet ist. Die kleine Pause vom entspannenden und so wohltuenden Heiligabend-Genuss, legte ich zusammen mit meiner Frau, ihrer betagten Mutter und deren Bruder, von mir nur Ebeneezer genannt, ein. Während Ebeneezer sich gierig-schmatzend Stücke des Spanferkels einverleibte, sehnte ich mich schon nach dem Abgang in Richtung unserer an das Oma-Haus angebauten Hütte.
An Weihnachten war es mir nie nach großem Feiern mit viel Essen und Trinken, obwohl ich ansonsten gerne vom Guten viel verzehrte. Aber eben eher selten direkt zu den angesagten Feierlichkeiten. Vermutlich rührt daher mein Unverständnis gegenüber der mehrmals im Jahr vor einem einzigen Feiertag stattfindenden Völkerwanderungen in den Lebensmittel-Läden. Scheinbar gibt es bei diesen Leuten nur an ein paar speziellen Tagen im Jahr etwas vernünftiges an Essen in der Küche gekocht oder aufgewärmt. Alle können ja nicht ein Single-Dasein fristen, in dem die Kücheneinrichtung noch nach 10 Jahren wie frisch geliefert aussieht.
Als unsere Kinder noch klein waren, gab es natürlich noch den Weihnachtsmann und mehrtätige Familienfeiern. Damals tickten die meisten Verwandten und Anverwandten noch einigermaßen klar in der Rübe. Mit zunehmendem Alter ihrer Teilnehmer wurden die Familien-Partys jedoch lästiger, weil man die Uhr nach dem Beginn der ersten Streitgespräche stellen konnte. Neid und Missgunst innerhalb der Familie nahmen stetig zu, und fanden alljährlich ihre Krönung zu den weihnachtlichen Feiertagen. Die Kinder älter geworden, löste ich mich immer mehr von diesen Pflichtnummern an Familien-Feierlichkeiten. Seit vielen Jahren genieße ich nun Weihnachten wie es sich eigentlich wirklich gehört: ruhig, friedlich und äußerst entspannend.
Allen werten Lesern wünsche ich in diesem Sinne ein friedliches und schönes Weihnachtsfest. Ebenso einen guten Rutsch in ein möglichst schönes, glückliches und gesundes Neues Jahr.
Heute, am ersten Weihnachtsfeiertag, feiere ich wie immer in den letzten Jahren meinen Geburtstag einsam und alleine. Als ich noch zu den Party- und Veranstaltungs-Königen in den Jahren der unbändigen Abenteuer- und Lebenslust gehörte, wären Worte wie „einsam“ einer Niederlage gleichgekommen. Heute werte ich dieses allein sein zu können als nahezu luxuriösen Erfolg. Daneben werde ich von der Natur auch 2019 mit sonnig-mildem Winterwetter beschenkt.
Karlovacko Pivo, ital. Prosecco und Chardonnay aus Australien werden mich nach den Rinderrouladen mit Spätzle und Freilandsalat aus dem Garten in den Abend begleiten.
Die nächsten Tage werden ganz sicher weiterhin angenehm ruhig und von Werbe-Telefonanrufen und Spam-Mails weitgehend unbelastet bleiben.
Eventuell mache ich mal eine kleine Runde mit dem Auto durch die Landschaft. Je nach Wetter bringe ich dann vielleicht wieder Fotos von verfallenen Häusern und vergessenen Leben mit ins Worldwideweb. Bekanntlich mag ich verlassende Orte, Bauernhöfe und Gebäude in denen einst gelebt oder gearbeitet wurde. Hierzu werde ich in der nächsten Zeit eine weitere Rubrik eröffnen.
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