„Schnaps, das war sein letztes Wort, dann trugen ihn die Englein fort…“
Die Anfangszeile zu diesem uralten Liedchen aus Faschings-Zeiten fällt mir sofort ein, wenn ich an Schnaps denke. Nein, ich bin kein Schnaps-Trinker, aber das sagt jeder Alkoholiker von sich: „Das Gläschen Schnaps mal nach dem Essen oder nach Feierabend zum Bierchen…„
Ich sehe das genau so wie die Leute, die im Zusammenhang mit Alkohol trinken, ihren Lustgewinn am Leben so erklären.
Dämlich ist dieses Geschwätz vom Lebensgenuss und Lustgewinn nur dann, wenn die Labertasche vor lauter Entzug zittert, während er vor genanntes behauptet . „Sagen“ tun so etwas eh die wenigsten. Dazu noch Stottern geht natürlich gar nicht, ausgenommen bei tatsächlich sprechbehinderten Menschen.
Onkel hat die Destille für die Rakija-Herstellung im Keller.
Ich hatte ziemlich genau nullkommanull Ahnung vom Schnaps brennen. Hier in der bäuerlichen Pampa von Kroatien wissen zumindest die älteren Menschen, wie man selber „Stoff“ für das besch… .. eidene Leben herstellt. Nachdem sich angeblich alle EU-Mitglieder lieben und von der Union vermeintlich alle profitieren, sieht die Sache natürlich anders aus. Wer Stoff zum Leben braucht, wird allerdings weiterhin selbst die gut behüteten Kupferkessel aus der Tito-Ära hüten, und alle paar Jahre ein paar Gallonen Schnaps zu Desinfektionszwecken und sonstiges… brennen.
Ein Indiz, dass es nicht grundsätzlich um den Genuss gehen kann, wenn jemand Schnaps brennt, ist die Tatsache, dass nicht jeder Hausbrenner auf dem Land es sonderlich genau nimmt mit der Auswahl seiner Früchte, die er zum Brennen verwendet. Frei nach dem Motto „nix wie rein mit allem, was von den Obstbäumen runter fällt“, werden hochprozentige Desinfektionsmittel für den Halsbereich gebrannt, die manchmal einfach nur ungenießbar sind. Zugegeben, ich habe bei Feinschmeckern unter den Bauern schon mal einen feinen, aromatischen Rakija zu trinken gekriegt. Ich bin ziemlich sicher, dass die Privatbrenner oft zwei bis drei Versionen ihres Rakija im Keller deponiert haben:
- Übel schmeckend. Hauptsache er „wirkt“
- Genießbar aber oft Brandgefahr
- Der Gute, lange Gelagerte. Nur für besondere Anlässe
Schnaps krieg man hierzulande immer angeboten, egal aus welchem Grund man bei wem zu Besuch ist. Den Rattegiggel der ersten Kategorie kriegen in der Regel aber nur Leute ausgeschenkt, die man weniger gut leiden kann, oder aber Dorf-bekannte Suffköpfe, die aus Sicht des Gastgebers nichts besseres verdient haben.
Die genießbare Version enthält normal keine Anteile des giftigen Vorlaufs. Selten handelt es sich aber um Schnaps, den man als gut bezeichnen könnte. Natürlich gibt es Ausnahmen, was man dann als überraschend angenehm empfindet.
Besondere Anlässe sind zum Beispiel runder Geburtstag, Hochzeit oder Rentenbeginn. Da wird dann schon mal die 25 Jahre alte Flasche Rakija geöffnet, die tatsächlich Schnaps enthält, der brandfrei wie Öl die Speiseröhre hinab läuft. Und wenn die Flasche schon mal geöffnet war, kriegen vom Rest des Guten auch schon mal Gäste, die man besonders mag, etwas davon ab.
Kein Schwarzbrennen wegen bösen Nachbarn
Dass es in der besten Gesellschaft Menschen gibt, die üble Charaktereigenschaften besitzen ist nichts neues. Neider und Missgünstlinge gibt wohl leider in jedem Land dieser Welt. Ich dachte bisher aber immer, dass normale Mitbürger doch nicht bei Gemeindeverwaltungen oder Polizei anrufen, um dort „nachzufragen“, ob Familie XY die Gebühren für das Schnaps brennen bezahlt haben. Solche Dinge kannte ich nur aus Filmen, welche die DDR betrafen. Und doch erfahre ich von Fällen, in denen es leider auch hier im tiefen Hinterland von Kroatien geschah. Bestimmte Personen hat man in Verdacht, aber letztlich beschuldigt man sich gegenseitig, ohne genaueres über den wirklichen Verräter in Erfahrung bringen zu können.
Aus meiner Sicht nicht nur schade, sondern auch unverständlich, dass innerhalb einer Gesellschaft, in der man eigentlich niemanden als gut betucht bezeichnen kann, solche Sachen gibt.
Man/n bringt mir das Brennen bei
Nach dem Motto „Wo kein Kläger, da kein Richter“ kann man also nicht verfahren, wenn man weiterhin als unbescholtener Bürger auf dem Land gelten will. Die Schwarzbrennerei scheint ebenso wie die Wilderei in der Region, in der meine Frau und ich leben, noch nicht ausgestorben zu sein. Sei es drum, wir melden unseren Erstversuch, was das Brennen von Hochprozentigem betrifft, auf alle Fälle an.
Was das genau in Zahlen bedeutet, darauf gehe ich ein paar Zeilen weiter unten ein. Zunächst geht es unter Anleitung des betagten Onkels meiner Frau und dessen Destillerie ran an’s Schnaps brennen.
Das Zubehör zum Brennen vom Keller in den Hinterhof geschafft, gereinigt und zusammen geschraubt, wird Feuer im Kessel gemacht.
Die grünen Tonne durch welche die Schnaps-Leitung aus Kupfer sich schlängelt, und später den Rakija in einem Gefäß abfängt, ist mit kaltem Wasser gefüllt. Unter’m Brennkessel lodern derweil die Flammen, welche den Trauben-Trester im Kessel erhitzen und den Dampf durch das Kupferrohr jagt, bis er durch das Abkühlen in oben genannter Tonne, sich zum hochprozentigen Destillat verflüssigt.
Das kostet uns die Schnaps-Brennerei
Außer der Eigenarbeit, kostet das Brennen eine Gebühr von 100 Kuna (rd. 14 Euro) im Jahr. In diesem Zeitraum dürften wir bis zu 1036 Liter Schnaps brennen. Die Gebühr bezahlen wir beim örtlichen Zollamt. Diese Gebühr wird jedes Jahr automatisch wieder in Rechnung gestellt. Daher dieses „Abo“ gleich mal wieder abbestellen, so man nicht vorhat nach einem Jahr nochmal Tausend Liter Schnaps zu brennen.
Also zu diesen Kosten lohnt es sich nicht mal einen Gedanken an die Schwarzbrennerei zu verlieren.
Allerdings gilt die Genehmigung für oben genannte Gebühr nur für den Eigenbedarf. Da ist also der Haken an der Sache. Gewerbliche Hausbrennerei, um eigenen Rakja oder Brandy weiter zu verkaufen, kostet etwas mehr. Leider habe ich vergessen mir die Gebühren hierfür zu notieren. Wenn ich uns beim Zoll wieder abmelde, werde ich sie nochmal erfragen und sie hier veröffentlichen.
Nun, für uns, Nachbarn und Gäste benötigen wir nicht mal 10 Liter Schnaps im Jahr. So wirklich lohnen tut sich der Aufwand trotz der günstigen Zoll-Gebühren nicht. Andererseits reizt es mich, nochmal einen Versuch mit eigenen Birnen zu machen.
Ivo meint
He was wird denn für Fusel bei euch gepanscht?
Komm mal zu uns nach Osijek, dann wirst Du anders schreiben.
Ivo
Lara Stein meint
Ich finde es super interessant, wie Schnaps hergestellt wird. Wir konnten zuletzt in einer Schnapsbrennerei vorbeischauen. Es war wirklich beeindruckend, woraus auch alles Schnaps hergestellt wurde.
Tomaten Michel meint
Da hast recht, ich war auch erstaunt, was so alles gebrannt werden kann. Manches davon würde ich aber auch eher zum Fenster putzen nehmen. ?
charly weber meint
Ich finde den Artikel super, weil es nicht darum geht Schnaps zu brennen, um sich zu besaufen, sondern der Jahrtausenden bekannten Art des Schnapsbrennen auf dir Spur zu kommen. Ich war/bin selbst moonshiner ohne vorherige Praxis. Ich habe mittlerweile aus min 10 verschiedenen Früchten Schnaps gebrannt und jedes mal ist es ein kleines Abenteuer was dabei heraus kommt. Es bringt einfach nur Spass und den Antrieb besser zu werden.
Tomaten Michel meint
Vielen Dank für den Kommentar. Es freut mich, dass noch andere Leute neugierig auf die Entstehung und das Experimentieren von/mit Dingen sind, nicht alleine um des billigen „Einverleibens“ zuwillen.
Es ist halt leider so, dass man im gewöhnlichen Leben in der Regel nur wenig Zeit dafür findet, sich mit all diesen eigentlich wichtigen Errungenschaften der zivilisierten Welt näher befassen zu können.
Die Herstellung von Schnaps ist ein Teil von all dem, das ich mal selbst ausprobieren wollte. Aktuell bin ich mit Brot backen beschäftigt.
Internet und Google helfen uns bei all dem bequem und zügig weiter.
Und trotzdem bleibt auch hier jeder seines eigenen Glückes Schmied.