Es hat lediglich Ähnlichkeit mit einer Pizza, dieses ungenießbare Teil auf meinem Teller.
Über unterschiedliche Geschmäcker lässt sich bekanntlich kaum streiten. Einst schon ein Sakrileg für Pizza-Liebhaber, wenn jemand von Ananas-Stücken und Schlabberwürstchen als Belag schwärmte, verkauft heute fast jeder Türke neben Döner auch Pizza; ja, sogar „Döner-Pizza“. Zumindest nennt er seine Kreation so, auch wenn so manch belegter Teigfladen einem Italiener die Augen in die Tränen drücken würde, allerdings nicht wegen frischer geschnittener Zwiebel, sondern vor lauter Trauer über die Folgen kulinarischer Globalisierungs-Experimente.
Ab sofort löst eine Pizza in Kroatien eine mir vor ein paar Jahren in Deutschland servierte Pizza als übelste Pizza meines Lebens ab. Und damals dachte ich noch, dass es schlimmer nimmer kommen kann. Denkste, schlimmer geht eben immer!
Damals hatten sich auf der Möchtegerne-Pizza in einem italienischen Restaurant die Zutaten aus Thunfisch, Tomate, Zwiebel, Knoblauch und Mozarella-Käse so miteinander vermischt, dass statt einer Pizza ein Teich mit Teigrand auf meinem Teller lag. Man hätte kleine Papier-Schiffe darauf fahren lassen können, doch ausprobieren wollte ich es nicht. Ich mochte nur mal wieder eine meiner Lieblings-Speisen zu mir nehmen. So auch heute in einer Kleinstadt in Nordkroatien.
Mein Bauchgefühl sagt: „Nein, geh‘ da nicht rein“. Die beiden Fotos am staubigen Wirtshaus-Fenster, auf denen Pizza und Ćevapčići abgebildet sind, verstärken eher meine Zweifel. Sie sind einfach nicht gut gelungen. Das kenne ich aus früheren Urlauben in südlichen Ländern anders. Zugegeben, auch da bekam ich nicht immer das, was mir zuvor die Hochglanz-Fotos (erfolgreich) suggeriert hatten. Andererseits habe ich aber schon beste Mama-Küche in teilweise schlimm aussehenden Rumpelburgen gegessen.
Nun denn, ich weiß insgeheim, dass ich hier keine gute Pizza bekommen werde, gehe aber trotzdem rein. Meine Augen brauchen eine Weile, um sich an die Dunkelheit in dem schlauchförmigen Lokal zu gewöhnen. Ein paar Pendelleuchten an der Decke versuchen Licht zu spenden. Das gelingt den Funzeln aber nur sehr punktuell über den Tischen, denn die tief dunkelbraun gefärbten Holzwände saugen das Licht gierig in sich ein. An einem Tisch sitzt ein junger Mann, der mit seinem Smartphone spielt und nebenbei von einem ovalen Teller Pommes und irgend etwas grau-rotes schaufelt. Der Wirt schaut irgend eine Fußballspiel an, und vor zwei Elektro-Backöfen hinter der Theke bewegt sich unaufgeregt eine reifere Frau mit weißer Schildmütze. Diese erinnert mich ein wenig an die „Uniform“ der Bediensteten in Läden und Lokalitäten, wie ich sie zu Titos Zeiten in den 1970-ern erstmals gesehen hatte.
Das erste Mal in meinem Leben bestelle ich die kleinste Ausgabe einer Pizza Thunfisch. Änderungswünsche beim Belag nehme ich lieber nicht vor, denn damit würde ich höchstwahrscheinlich Kellner und die Frau am Ofen überfordern. Mir ist es viel wichtiger, dass „einfach“ eine auf der Speisekarte aufgeführte Zutat wegbleibt: Mayonnaise.
Tatsächlich entdecke ich in dem pizzaähnlichen Kuchen keine Mayonnaise. Sehr ölig kommt die Auflage dennoch daher. Ich nehme an, dass sich der Käse durch die lange Backzeit bei viel zu niederer Temperatur in seinen Ursprung, also billiges Öl, zurück verwandelt hat. An was mich der darin schwimmende, graue Brösel-Thunfisch erinnert, verrate ich an dieser Stelle besser mal nicht. Die Teigunterlage hat die Konsistenz eines Obsttorten-Boden aus Biskuit, nur doppelt so dick wie der aus dem Supermarkt. So süß wie der Teig im Geschmack, ist dann auch der gesamte Öl-Belag mit ein paar Champignon-Scheibchen und jede Menge Ketchup verziert. Normalerweise kratze ich bei einer schlechten Pizza wenigstens noch Champignons, Salami oder Käse herunter, und verstecke den Teigklumpen unter einer Serviette. Bei dieser Pizza gelingt mit das überhaupt nicht, weil die zuckersüßen Champignons für mich ungenießbar sind und der Käse nichts als eine ölige Plörre ist. Außer der grünen Olive in der Mitte (Auf dem Original-Foto oben noch zu sehen), fand sich also nichts zum kratzen und naschen auf diesem merkwürdigen Kuchen, der mir als Pizza verkauft worden war.
Die Moral von der Geschicht: Geh in solch eine Pizzeria nicht!
Weder draußen vor der Tür hatte es nach Pizza geduftet, noch drin wo die Backöfen standen. Wie kann also etwas schmecken, wenn es schon nach nichts duftet. Ich muss sagen, der Wirt dieses Lokals ist auf eine sehr sonderbare Art ein Künstler. Ob es hier noch mehr von seiner Sorte gibt, entzieht sich meiner Kenntnis. Zumindest bisher scheint der Wirt einzigartig zu sein, und ich hoffe, das bleibt er weiterhin sehr lange.
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