Wehklagen und Jammern scheint in Kroatien besonders ausgeprägt zu sein.
Aber das scheint nur so, denn nach einiger Zeit meines Aufenthalts hier stelle ich fest, dass dieses Gejammere fast so etwas wie Folklore ist. Alte Frauen in ihren Höfen und Resthöfen erzählen jedes Jahr neu, dass der Frühling anders als im letzten Jahr ist. Der Winter lang und kalt, dann kein Übergang, sondern gleich Sommer mit einer Hitze…
Aber es sind nicht nur alte Frauen, es sind eigentlich alle Menschen auf dem Land die jammern. Es ist aber gar kein Jammern im eigentlichen Sinne, sondern es handelt sich um triviale Gefühlsäußerungen, die zum weiteren Gespräch mit seinen Nächsten im Dorf Anlass geben. So viel Aufregendes passiert hier nicht, allenfalls zeigt man sich mal besorgt über den Gesundheitszustand eines anderen Menschen im Dorf, weil man mitbekommen hat, dass er im 70 Km entfernten Zagreb bald die Batterien seines Herzschrittmachers ausgetauscht bekommen soll.
Aber so kommt man nach dem ersten, vermeintlichen Jammern über das Wetter, die lange Heizperiode, das späte Austreiben der Zwetschgenblüten u.s.w. ins Gespräch. Es erscheint einem manchmal auch ulkig, aber wie würden wir ohne das Gejammer ins Gespräch kommen, wie an einem anderen Tag einfach mal so ohne wichtigen Grund miteinander plaudern, wenn wir uns auf dem Dorfweg begegnen?
Alterle, niemals in meinem bisherigen Leben hätte ich gedacht, mich für ein bäuerliches Leben wie ich es heute führe, derart begeistern zu können. Ich, der so viel auf der Welt unterwegs war, ja ich, der tatsächlich fast jedes Dorf, jede kleine und große Stadt in Deutschland persönlich besichtigt hat. Klar, an der Stelle übertreibe ich mal gewaltig, denn selbstverständlich kenne ich nicht sämtliche Orte in Deutschland aus persönlichen Begegnungen. Wenn man so die Aussagen von manchen „Globetrottern“ und selbst ernannten Weltkundigen liest, dann haut das mit meinen lockeren Sprüchen im Vergleich aber schon bestens hin 😉
Ich bevorzuge das relativ einfache, das streckenweise sehr anstrengende Leben als Selbstversorger ausgerechnet hier, in einem Land, aus dem junge Leute nicht nur „flüchten“, sondern oft auch nie mehr zurück kommen werden. Ein Faible für eine einsame Bleibe auf dem Land inmitten tiefer Natur u n d nicht von unzähligen Hütten umgeben, hatte ich schon seit ich denken kann. Deshalb bin ich ja auch genau hier, und zwar sehr gerne.
Ich sehe bei meinem letzten Satz schon das automatisch angeleierte Kopfkino vor den Augen meiner alten Bekannten. Wie ich schon früher feststellen musste, ist es nämlich aussichtslos diesen Leuten einen anderen Film als Meer, Hängematte, Sonne, Plavac und Cevapcici „einzulegen“. Ab und zu streichelt der Michel mal über seine roten Tomaten oder schneidet zwei, drei auf seiner schattigen Veranda auf…
Genau so ist es nämlich nicht, wenn man aussteigt aus seinem einst so festgezurrten Leben. Aber darüber ein andermal mehr.
Joschi meint
Das Leben ist eines der schwierigsten. Jeder muss selbst bemerken, welches davon ihm gut tut.