Gerne stöbere ich im Internet herum, um zu sehen, wie andere Auswanderer so leben, und vor allem wie sich sich als Fremde in der Fremde fühlen. Am liebsten sind mir die amateurhaften, privaten Beiträge zu diesem Thema.
Die Auskünfte und Infos von Privatleuten in ihren Blogs oder Vlogs bzw. in deren Videos, sind nicht automatisch besser oder gar aufschlussreicher als das, was man im Fernsehen an Dokus und Reportagen zu sehen bekommt. Andererseits rate ich dazu, in der Hauptsache nur das zu glauben, was man selbst sieht und nicht zuletzt selbst auch erfahren hat. Um diese Erkenntnis nebst guten und weniger angenehmen Erlebnissen, kommt niemand ganz herum, gleich wie gründlich er vor seiner Auswanderung recherchiert und alle Eventualitäten in seiner Planung berücksichtigt hat.
Es gibt viele verschiedene Länder in denen sich Auswanderer aus dem deutschsprachigen Raum niederlassen. Überrascht war ich von der Tatsache, dass sehr viele Ausgewanderte sehr ähnliche Aussagen über ihre Betrachtungen und Erfahrungen in der neuen Heimat machen. Beispielsweise in diesem Video, in dem eigentlich klar wird, dass auch in der Türkei ein „entspanntes“ Leben mit 600 Euro im Monat nicht wirklich möglich ist.
Probewohnen ist ein Muß!
Für eine der besten Maßnahmen vor einer Auswanderung, halte ich das Probewohnen in dem Landstrich, den man für seine neues Zuhause im Auge hat. Aber bitte nicht im Hotel, sondern am besten für ein paar Wochen ein Privatzimmer oder – je nach Geldbeutelstand – eine kleine Wohnung anmieten. Und dann in der Gegend dort herum lümmeln, Leute kennenlernen, Einheimische ausfragen, und sofern sich andere Auswanderer dort finden, einfach anhören, was die so zu erzählen haben. Wenn es irgendwie geht, zwei oder sogar drei Mal für ein paar Wochen dort wohnen; und zwar im Winter, Sommer und Herbst – wahlweise auch im Frühling.
Aber Vorsicht! Mit den Leuten feiern wie im Urlaub, shoppen gehen und in der Sonnenliege abhängen, sagt so gut wie gar nichts über den späteren Alltag aus, der einem unweigerlich als Neubürger dort bevorsteht.
Mit ein bisschen Glück findet man sogar Webseiten von Menschen, die in der Gegend wohnen, und vielleicht sogar über ihr privaten Erlebnisse, und ihre Ansichten dort schreiben. So oder so ähnlich wie ich es auf meiner Webseite hier mache. Anders als die meisten Kroatien-Urlauber und Sommerhaus-Eigentümer in Meeresnähe, berichte ich über Kontinental-Kroatien aus dem Hinterland; also von dort, wo ich heute durchgängig lebe bzw. meinen Hauptwohnsitz habe.
Mit wenig Geld leben und überleben?
Also der Hauptgrund Deutschland zu verlassen, war für meinen Frau und mich damals nicht die Sache mit der Rente im Alter. Wir wollten einfach raus aus dem deutschen Hamsterrad, wobei uns auch viele Veränderungen im Arbeits- und Alltagsleben nicht gefallen haben. Das war „unser“ Deutschland halt nicht mehr so wirklich, ganz im Gegensatz zur Cäsarin von Deutschland, der die Entwicklung im Land eben besser als uns gefällt. In unserem Fall war es auch so, dass wir beide Deutsche mit einem Migrationshintergrund sind, der – mein Weib ist geb. Kroatin, ich ein in Deutschland geb. Franzose – uns überlegen ließ, eine andere, angenehme und günstigere Variante des weiteren Lebens auszuspähen. Die Wahl fiel dann auf Kroatien, weil einerseits ich deutlich besser Badisch als französisch spreche. 🙂 Andererseits meine Frau sich besser auf Kroatisch, wenn auch mit Badischem Akzent, zu verständigen versteht. Darüber hinaus schien uns auch das Leben in Kroatien preiswerter, als das in Südfrankreich. Aber auch das ist so eine Behauptung, die sich von selbst relativiert, wenn man Preis, Wert und Leistung gegenüber stellt. O d e r was ist am Ende „günstiger“: das T-Shirt für 10 Euro oder das für 45 Euro, welches nach 10 Jahren noch tragbar ist? Ich weiß, ein doofer Vergleich in dem Zusammenhang, aber zum Beispiel hätte ich für die Überschüsse aus meinen selbst gezogenen Tomaten in der Zeit, als ich wie irre riesige Mengen an Tomaten erntete, einiges mehr an Einnahmen in Frankreich erzielt. Daraus folgernd ergibt sich auch eine Lebensqualität, die „automatisch“ auf einem etwas höheren Niveau liegt, was das kulturelle Umfeld und die Lebensumstände betrifft. Letztendlich ist aber auch alles die persönliche Geschmacksache eines jeden Einzelnen.
Wie auch immer, Fremde waren oder sind wir hier wie dort. Vermutlich haben wir uns relativ gut integriert hier in Kroatien, doch wir sind und bleiben „Deutsche“ für die Leute. Ebenso wie wir in Deutschland heute – früher, also bis vor ungefähr 10 Jahre war das noch ganz anders – keine „richtigen“ Deutsche für die meisten sind, alleine schon wegen unserem „ausländisch“ klingenden Nachnamen. Das ist nicht weiter tragisch, weil das jedem so geht, der mindestens zwei Heimaten hat. Es gibt ganz viele Leute, die trotz zwei Pässen quasi „heimatlos“ sind; zumindest vermitteln die, die schon länger hier oder dort ohne Unterbrechung leben, einem immer mal wieder dieses Gefühl. Wir besitzen übrigens keine zwei Pässe, da es diese Möglichkeit zu unserer Zeit nicht gab. Wir mussten uns also für eine Staatsangehörigkeit entscheiden. Für etliche Leute wurden wir mit dem deutschen Pass deshalb auch nicht „deutscher“. Früher empfand ich, insbesondere meine Frau, es manchmal als ärgerlich, wenn wir aufgrund des Nachnamens gefragt wurden, woher wir kommen. Dabei beherrschte ich den badischen Slang besser als so mancher Ur-Einwohner.
Immerhin gab es sogar ein paar Leutchen, die meinten, dass unser häufiges Lächeln in Beruf und Alltagsleben verraten würde, dass wir nicht aus Deutschland stammen. Interessent, oder? 🙂
Und nun aber zu den vermeintlich günstigeren Lebenshaltungskosten, die natürlich anlocken, wenn man wenig arbeiten aber trotzdem „leben“ will.
Wir konnten bis zu meinem Start in die Rente vor kurzem, in Kroatien auch nur überleben, weil wir a) uns in etwas mehr Bescheidenheit übten, b) Obst und Gemüse selbst anbauten, aber vor allem ich noch Tantiemen in kleiner Höhe monatlich kassierte, sowie eine kleine Altersvorsorge* verfrüht aufkündigen konnte. Erleichtern kam hinzu, dass wir keine Kredite bedienen mussten, und Mietzahlungen auch nicht mehr anfielen.
* Satte 25% werden mir übrigens seitens der Krankenkasse auf die längst verlebten Gelder aus der Altersvorsorge angerechnet. So zahle ich voraussichtlich bis zu meinem Lebensende ordentlich Mitgliedsbeiträge als bei der GKV freiwillig Versicherter. Den weitaus größeren Teil meines Arbeitslebens war ich übrigens bei der GKV versichert. Nur weil ich ein paar Jahre der zweiten Hälfte des Arbeitslebens privat versichert war, falle ich raus aus Krankenversicherung für Rentner, und muss für jeden Cent, den ich von irgendwo her kriege, rund ein viertel zusätzlich an die Krankenkasse Monat für Monat überweisen. Für mich ein Trick seitens der Politik. Darüber hinaus eine glatte Diskriminierung, die natürlich kaum thematisiert wird. In diesen Zeiten, in denen viel Geld für Nie-Einzahler benötigt wird, komme ich mit meinem Wehklagen natürlich ungelegen. Ich bin nur gespannt, wie viele Tricks noch folgen werden, um den großen Crash so weit wie möglich hinauszuzögern.
Ich könnte mir vorstellen, dass die Gesundheitsleistungen weiter abnehmen werden. Zumindest für die, die man für fähig hält, sich den Blinddarm oder den Kiefer selbst operieren zu können.
Die Kosten für Lebensmittel gleichen sich in den EU-Ländern immer mehr an. Lidl und Kaufland scheinen mit ihren Filialen ganz Europa in den Fängen zu haben. Das ist einerseits angenehm, weil man dadurch manchmal auch Zugriff auf gewohnt gute Ware hat. Andererseits landestypische Eigenheiten und die Vielfalt durch diese EU-geförderte Gleichmacherei in vielen Bereichen leidet, und manchmal einfach auch bisschen nervt.
Immerhin findet sich aber auch noch regionale Qualität, die sich von der in Deutschland gewohnten Industrie-Ware angenehm unterscheidet. Hier habe ich etwas ausführlicher über die Preise für Einkaufen und Ausgehen geschrieben.
Was ist aber sonst so in Kroatien billiger, als in Deutschland?
Ich habe es schon im Einzelnen auf meiner Webseite in den verschiedenen Rubriken beschrieben. Kurz und grob ausgedrückt, kosten Strom, Wasser und Müllentsorgung rund ein Drittel so viel wie in Deutschland. Essen gehen ist überraschend preiswert, also kostet nicht mal die Hälfte wie aus Deutschland gewohnt. Die Mieten für eine Wohnung sind auch viel günstiger.
Im obigen Video aus der Türkei werden einige Dinge angesprochen, die man gut auch für Kroatien übernehmen kann. Also gewisse Unterschiede, zum Beispiel was die Zuverlässigkeit betrifft, werden angesprochen. Mir gefällt auch das – leider etwas langatmig geratene – Video von einem Kroaten, der mit seiner Familie wieder nach Dalmatien zurück gezogen ist. Hier spricht er auch noch einige ihm auffallende Unterschiede an, auf die man einfach gefasst machen sollte.
Link zu dem Video auf Youtube: https://youtu.be/3S4QyWyM7uQ
Fakt ist jedenfalls, dass wenn man eine Berufstätigkeit für das Leben in Kroatien suchen muss, das Land sicher weniger gut dafür geeignet ist. Wenn ich unabhängig über das Internet Geld verdienen kann, oder regelmäßige Einkünfte durch Renten u.ä. habe, stellt sich diese Frage natürlich nicht.
Schlussendlich kann ich für Kroatien die Frage, ob man mit 600 Euro hier leben kann, mit NEIN beantworten. In der Türkei mag das noch eher möglich sein. Offenbar noch besser in Bulgarien, was man darüber so von Auswanderern liest. Wobei ich persönlich mich eher für Tschechien entscheiden würde, hätte ich zu wählen. Ich denke, dass sehr vielen Leuten nicht klar ist, dass auch in Bulgarien am Meer die Sonne nicht immer scheint, und es im Winter – das gilt auch für Kroatien – oft so richtig nass-kalt und ungemütlich wird. Unter anderem deshalb rate ich eingangs meines heutigen Berichts auch zum Probewohnen im Winter.
Zu guter Letzt möchte ich darauf hinweisen, dass ich trotz der oft anzutreffenden Herzlichkeit und guten Gastfreundschaft, nicht glaube, dass die Leute in Kroatien ausländerfreundlicher als in Deutschland sind. Tatsächlich sind wir, ebenso wie jeder andere Mensch aus einem anderen Land, in Kroatien zunächst nichts anderes als Ausländer. Ich finde es nicht schlimm, dass das Nationalgefühl hier viel stärker als in Deutschland ausgeprägt ist. Niemand wird hier angefeindet, wenn er sich normal benimmt, nicht stielt, lügt und betrügt. Nach unseren Beobachtungen werden böse Buben und Mädchen, von denen es nicht viele hier zu geben scheint, recht gut und wirksam in ihre Schranken verwiesen.
Man kann abends oder die ganze Nacht hindurch spazieren gehen, ohne Angst vor einem Überfall haben zu müssen. Für den Mann im obigen Video war das schließlich der Hauptgrund für seinen Rückzug aus Deutschland.
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