Wurde ich in Deutschland verweichlicht?
Vom Einkauf zurück aus Bjelovar, packe ich Lebensmittel und anderen Kruscht aus den mehrfach verwendbaren Kunststoff-Taschen von Lidl, Pevex sowie einer von Aldi, die noch aus meiner Zeit in Deutschland stammt. Die von Pevex ist so groß, dass man in ihr locker ein Ferkel transportieren könnte. Größer als diese Einkaufstaschen sind in den beiden Wochen vor Weihnachten aber die Themen rund um das Festtagsessen. Sehr oft müssen hierzulande dafür halt meist die jüngeren Schweine ihre Leben lassen. Ich will das nicht!
Ein Schwein von Lidl fühlt sich besser an ?
Ja klar, die verkaufen ja auch Schokolade von lila Kühen und Eier von überglücklichen Hühnern.
Ich weiß nicht woran es liegt, aber mit zunehmendem Alter mache ich mir immer mehr Sorgen um diese ganze „Normalität“ im irdischen Dasein. Angesehene und finanziell gut versorgte Psychiater werden über diesen Teil meiner Lebensbetrachtung ganz bestimmt eine angelernte Diagnose stellen können. Das machen vermutlich die meisten dieser „Experten“, weil sie natürlich und sowieso ihr eigenes Dasein nicht schlüssig beschreiben können.
Ich habe den „Eindruck“, dass Tiere viel viel mehr sind, als das was wir vermeintlich von ihnen zu glauben wissen. Naja, so kläglich wenig wie man wirklich über die Lebewesen, die Erde und das Universum weiß.
Auf einer Schwenkbraten-Grillparty der heute nicht mehr bestehenden Uffz Krüger Kaserne im pfälzischen Kusel, bemerkte wohl der Major unserer Batterie meine Blicke zu den Sternen. Ich lag da so auf dem Rasen unweit des Gedöns rund um das Lagerfeuer mit meiner Bierflasche auf einem angewinkelten Knie, die ich mit einer Hand – also die Bierflasche – absicherte.
„Sie haben wohl etwas Weltschmerz?“, fragte mich Major Seger. Ich hatte mit seinem Kommen nicht gerechnet gehabt, sonst hätte er mich ganz so locker auf der Erde liegend sicher nicht erwischt. Wie auch immer, in den 1970er Jahren schienen viele Dinge im Umbruch zu sein. Unter anderem war es schick geworden, aufmüpfig zu werden. Gegen wen? Gegen einfach Alles. Frauen ließen ihre Schamhaare – unbewusst natürlich – aus den Hot Pants hängen Mann…fand ich das geil… Ohne Büstenhalter unter dem blumigen Shirt war angesagt. Wow…ich kam kaum mit, bei so viel Verlust der einstigen Prüderie und dem „Neuanfang“ in Deutschland und scheinbar der ganzen Welt.
Geil fand ich als 18-Jähriger wohl aber nur aus letzt genannten Gründen diese Zeit.
An dieser Stelle will ich aber nicht weiter beschreiben, was alles gut und was alles aus meiner Sicht damals auch schlechter wurde im gesellschaftlichen Zusammenleben. Ich will mich jetzt nicht in den Unendlichkeiten persönlicher Erinnerungen verlieren…
Was ist mit dem Schwein an Weihnachten?
In Kroatien ernährt es eine Großfamilie nebst Verwandten und Anverwandten an einem Weihnachtstag. Das ist etwas Besonderes und macht Sinn … aus meiner Sicht aber heute immer weniger. Die Großfamilie ist auch in Kroatien kleiner geworden. Klar bereichern – sofern „Corinna“ nicht gerade durchdreht – zu den Weihnachtstagen viele im Ausland lebenden Kroaten ihre Mamas und Opas in der Heimat durch ein paar Tage Anwesenheit. Ein ganzes Schweinchen für eine einzige Familie müsste trotzdem nicht immer mehr sein, so wie früher mal, als die ganze Familie weit über Weihnachten hinaus von dem Braten noch etwas hatte.
So fuhr ich im ersten Jahr unserer Auswanderung hinter dem Traktor des Cousin meiner Frau hinterher. Das war kurz vor den Weihnachtsfeiertagen. Er hatte eines seiner Schweinchen im Käfig hintenan, das darin am futtern war. Zwanzig Minuten, eine Stunde, ein ganzer Tag… hinter ihm fahrend, führte uns dieser traurige Zug zu einem Typen, der mit zwei Lakaien vor den Feiertagen Schweine schlachtete und die die daraus resultierende Teile gegen eine Pauschale dem Lieferant des … Schweins einen Tag später zur Abholung bereit stellte. Inklusive dem Schmalz, das auch ich noch aus meiner Kindheit in Baden-Baden auf meinem Schulbrot kannte.
Tja, und seit dem Erlebnis auf der Tour zum Schafott im Jahr 2015, mag ich all das nicht mehr sehen und erleben. Mich hat das alles so furchtbar traurig gemacht. Was ist mit mir altem Sack los? Werde ich auf meine alten Tage so doof wie Bärbock oder so kindisch wie Harbeck? Esse ich nur noch im Geheimen die Dinge, mit denen ich nirgendwo anecke aber trotzdem fett wie Sau werde?
Sarkasmus beiseite …?
Zu Weihnachten gibts Pute und Sauerbraten
Fertig!
So ganz kann ich nicht aus meiner Haut raus. Sollen die nach mir machen.
Sie sollen fairer und nachhaltiger als ich leben. Gesünder und menschlicher sowieso, auch wenn sie Halal tolerieren und sonst kulturelle Spezialitäten in ihrer eigenen Welt „normalisieren“.
Fest steht, dass es bei uns an Heiligabend Pute, Rosenkohl und handgeschnitzte Pommes gibt. Als Dessert Tiramisu, das am nächsten Tag noch Verwendung findet.
Am ersten Weihnachtstag, meinem Burzeltag, gibt’s eines meiner Lieblingsgerichte: Sauerbraten Badische Art (ohne Rosinen) mit Salzkartoffeln UND braide Nudle. Dazu wahrscheinlich Erbsen-Karotten.
Am zweiten Weihnachtstag 2021 ist – wie fast immer schon – Restessen angesagt. Zwischen den Jahren wird dann nochmal normal geschlemmt. Keine Feier mehr wie früher einmal. 🙁
Boah…ging es bei uns einst ab. Wir liebten es, Gastgeber zu sein; verwandelten unsere Bude in eine Kneipe. Freunde durften ihre uns unbekannten Freunde und Bekannten mitbringen. Ist das geil oder ist das geil?
Erinnerungen … alles hat halt so seine Zeit.
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