Hohe Wellen bei den Lesern schlug erst kürzlich ein Bericht auf dem regionalen Online Nachrichten Portal Bjelovar.live.
Željko Smešnjak, ein 52 Jahre alter Mann aus Bjelovar, berichtete über seine Erfahrungen, die er mit dem Leben und Arbeiten in Deutschland gemacht hatte. Als Frührentner wollte er seine finanzielle Situation etwas verbessern, nachdem Kroatien ihren Rentnern das Arbeiten ohne Benachteiligung bei den Abzügen gelockert hatte.
Im Einzelnen berichtet der Mann von der teilweise schmuddeligen Wohnsituation, den Kosten für sein Auto; einer Agentur, die viel Geld für die Jobvermittlung wollte; der Arbeit in einem großen Paket-Lager, sowie die Bezahlung – abzüglich weiterer Beträge durch die Betreuung vor Ort veranlasst, für Gemeinschaftsfahrten zum 20 Km entfernten Arbeitsplatz und zurück. Sehr ausführlich schreibt er über all das, was er tun musste, und erlebt hat als „Gastarbeiter“ der neueren Generation in Deutschland. Das Nachrichtenmagazin merkt seinem Bericht unter anderem an, dass Deutschland vielleicht doch nicht das Land ist, wo Honig und Milch fließen, so wie die meisten Kroaten es sich vorstellen.
Und ich als Mensch, der in Deutschland aufgewachsen und viele Jahrzehnte dort gelebt und gearbeitet hat, bestätige gerne, dass Honig und Milch dort nirgendwo fließen. Viele Kroaten die dort arbeiten oder früher mal gearbeitet haben, flunkern schon gerne mal ihren Landsleuten in der Heimat etwas vor. Ich finde, man kann dieses Verhalten ganz gut mit deutschen Touristen vergleichen, denen zum Beispiel ihr zweiwöchiger Urlaub in Tunesien gar nicht so gut gefallen hat, aber auf Nachfrage allen Freunden und Bekannten in der Heimat sagen, dass ihr Urlaub wunderbar war. Man will anderen keinen Grund geben, schadenfroh zu werden, oder sich lustig über sie machen zu können.
Nicht anders ist das bei vielen Kroaten, die von ihrem schönen Leben, und der guten Arbeit und Bezahlung in Deutschland reden.
Und heute sind die Arbeitsbedingungen in Deutschland übrigens längst nicht mehr so angenehm, wie vielleicht vor 30 Jahren. Aber wegen mir soll jeder seine persönliche Meinung haben. Ich lebe jedenfalls seit ein paar Jahren nicht in Kroatien, weil in Deutschland alles viel besser ist.
Für mich sind die Angaben von Željko Smešnjak alles sehr nachvollziehbar und schlüssig. Dass es Leute gibt, die schönere Erfahrungen als Herr Smešnjak gemacht haben, glaube ich sofort. Doch nicht jeder ist ein Mediziner oder Ingenieur, welche natürlich mehr verdienen und sich damit auch viel mehr leisten können, als eine Hilfskraft oder ein Handwerker in Deutschland.
Doch springen wir jetzt weiter zum Ende seines Berichts: Nach einem Jahr entschied sich der Kroate in seine schöne Heimat zurück zu kehren, weil die 300 Euro, die ihm nach Abzug aller Kosten blieben, für auf Dauer nicht so lohnend erschienen. Sie ahnen schon, was nach der Veröffentlichung auf Bjelovar.live passierte?
Es hagelte Kritik an dem Mann durch viele Leser
Leider hat die Webseite von Bjelovar.live einen an Facebook gekoppelten Kommentarbereich. Dadurch werden Leser, die einen Kommentar zu einem Artikel abgeben möchten, gezwungen, sich bei Facebook als Mitglied zu registrieren, sofern sie es nicht sowieso schon sind. Eine andere Möglichkeit seine Meinung zu einem Beitrag abzugeben, gibt es auf der Webseite leider nicht.
Somit sind natürlich Häme und Spott neben allerlei unsachlichen Kommentaren, wie man sie von vielen Usern auf Facebook kennt, Tür und Tor geöffnet.
Endgültig die Nase voll von Facebook hatte ich vor einigen Jahren schon. Allerdings nicht alleine wegen mancher User, die sich nicht gut benehmen können im Internet. Es macht für mich letztendlich keinen Sinn, so viel Lebenszeit für Postings und Auseinandersetzungen mit übermütigen, weil vermeintlich anonymen Menschen, zu vergeuden.
Ich habe den Eindruck, dass ein Teil der Kritiker des Erfahrungsberichts von Herr Smešnjak, sich verraten fühlen. Ein anderer Teil kennt Deutschland nur von Erzählungen von Leuten, die vielleicht immer mit einem schönen, neuen Auto nach Bjelovar gefahren kommen, das aber auch nicht die ganze Wahrheit im Leben derselben widerspiegelt.
Aus Sicht eines einfachen Arbeiters in Kroatien kann man es auch toll finden, 300 Euro von seinem Verdienst übrig zu haben, nachdem man alle Kosten für das einfache Leben und Wohnen abgezogen hat.
Aber dieses „Leben“ findet nicht in Kroatien, sondern in Deutschland statt. Alleine das ist ein gewaltiger Unterschied. Der FB-Kommentator, der 300 € als nicht schlecht einstufte, war vermutlich noch nie in einem Gasthaus in Deutschland, und auch nie in einer Werkstatt dort, um irgend etwas reparieren zu lassen. Ohne sich groß bemühen zu müssen, sind 300 € gleich weg. Anders als in Kroatien, wo Handwerker-Kosten im Normalfall viel günstiger sind, sondern auch der Besuch von Restaurants und Cafes zwei Drittel weniger kostet – zumindest hier bei uns im Großraum Bjelovar, als in Deutschland.
Auch das tägliche Brot kostet bei uns ein Drittel von dem in Deutschland. Und NEIN, so übel sind viele Brotsorten hier im Vergleich zu den deutschen schon lange nicht mehr. Den Standard von Lidl in Deutschland kriegt man hier genau so. 100 Brotsorten mehr zu haben, bedeutet im Übrigen nicht automatisch, dass die Qualität auch 100 mal besser ist.
Leben in Kroatien lohnt sich!
So sehe ich das für meine Frau und mich. Wer dauernd viel Geld für Handys und anderes Spielzeug braucht, kann mir natürlich nicht Recht geben. Wenn ich mir nur ansehe, was solch Handyverträge Monat für Monat die Menschen auch in Kroatien kosten, kann ich nur unverständig den Kopf schütteln. Wie viele Menschen benötigen ihr oft teures Smartphone beruflich? Ist es nicht so, dass die meisten sich privat austauschen?
Und welcher Smartphone-Besitzer verdient so richtig Geld damit?
Ich rede hier von dem Luxus-Denken regelmäßig neue Smartphone-Verträge abschließen zu müssen.
Das ist nur mal so ein Beispiel von mir für unsinniges Verplempern von Geld und Lebenszeit. Seinen Lebenstraum erfüllt man sich nicht über den Besitz ständig neuer Smartphone-Versionen, und auch nicht über Spiele, Dating-Seiten und dergleichen. Über meine Erfahrungen dazu, früher auch beruflich, könnte ich noch ewig schreiben. Ein bisschen ein Nestbeschmutzer bin ich heute, war das aber „heimlich“ auch früher schon. Einer der Gründe, weshalb ich nie Millionär wurde, obwohl ich sicher nicht zu dumm dafür gewesen wäre.
Das Leben ist einfach zu schade und kürzer als die meisten Leute es wahrhaben wollen, um es mit Dingen zu belasten, die irgend welche Werbestrategen sich ausgedacht haben.
Natürlich gibt es in Kroatien Probleme mit Korruption.
Etwas tun für das Leben hier, sorgt vielleicht auch für Abschwächung der Korruption?
Der Staat alleine ist fast machtlos, wenn seine Bürger denken, der Staat – welcher sie eigentlich selbst sind! – macht immer alles verkehrt. Das ist meine Meinung!
H. meint
Der Staat ist nur die verwaltende Instanz von Bürgern gewählt und beauftragt in deren Sinne die Grundlagen mit Infrastrukturen zu organisieren. Allzu oft wird aber entgegen der Meinung der meisten Bürger für Blödsinn Geld verschwendet. Leider ist das nicht nur in Kroatien so, aber hier besonders ausgeprägt.
Grüße von einem Kroaten aus Austria
H.