Erntezeit = Schummelzeit?
Schummelzeit im Handel und Handwerk hat das ganze Jahr über Konjunktur, und zwar rund um den Globus. Es gibt überall schwarze, weiße und halb-schwarze Schafe. Zu letzt genannten zähle ich die, die trotz bestehender Gesetze oder Vorschriften in denselben vorgefundene Lücken zu ihrem Vorteil, aber auch zur Täuschung der Endverbraucher nutzen. Natürlich verstehen die (Aus-)Nutzer von Gesetzeslücken ihr Tun nicht als Täuschung.
Vor ein paar Jahren hatte ich mal für ein Stadtmagazin in Deutschland darüber berichtet, wie sich das mit „EU-Normen“ so verhält, und provozierend behauptet, dass theoretisch das Schweinefleisch für den Schwarzwälder Schinken auch aus Afrika stammen könnte. Bald darauf erhielt ich von einem Rechtsanwalt des Schwarzwälder Schinkenverbands – was es alles so gibt?!?! – eine kostenpflichtige Unterlassungsaufforderung zur Unterschrift zugesandt, denn sonst …
Die Fakten zu meinem Artikel hatte ich damals u.a. von der Verbraucher-Organisation „foodwatch“. Letztlich einigte man sich ohne dass großes Aufsehen entstand, was man auf der Seite von foodwatch nachlesen kann.
Aber was hat das jetzt alles mit den Äpfeln und deren Frische in Kroatien zu tun?
Es gibt keine (EU-)Vorschrift, dass man zur üblichen Erntezeit im Spätsommer/Herbst Äpfel aus der Ernte des Vorjahres als solche im Verkauf deklarieren muss. Auf diesen Umstand weist die Webseite Dnevnik.hr in Kroatien aktuell hin. Sie verweist auch darauf, dass trotz höherem Apfel-Export in Kroatien, Äpfel aus Slowenien und Polen importiert und billig im Handel angeboten werden, die teilweise 1 Jahr alt sind. Äpfel würden sich ein Jahr lang in Kühlschränken augenscheinlich „frisch“ halten.
Ja logisch, Äpfel hielten sich bei meiner Ur-Oma auch im Keller das ganze Jahr über „frisch“. Ich mochte – mal ganz nebenbei angemerkt – damals weder das eingemachte Zeugs in angestaubten Gläsern, noch die leicht angerunzelten Äpfel. Das ist hier und heute ganz anders!
Wenn ich mich an meine Zeit des Lebensmittel-Einkaufs in Deutschland zurück erinnere, fällt mir tatsächlich nicht ein Moment ein, an dem ich beim Obst und Gemüse einen Hinweis auf das Erntejahr gesehen hätte.
Sie können sich aber sicher sein, dass Obst aus eu-industrialisiert-unterstütztem Anbau nicht „alt“ aussieht. Wie will man das denn erkennen…
Rein beißen in den Apfel?
Das wäre ein bisschen unverschämt, aber ist nicht unmöglich. Zumindest bei uns am Bauernmarkt in Bjelovar, dürfen wir das tun, wenn wir den Verkäufer zuvor gefragt haben. Bei offener Ware gibt es aber auch ohne zubeißen eine Möglichkeit die Frische von Äpfeln zu erkennen:
Wenn der Stielansatz am Apfel grünlich scheint, ist das ein gutes Zeichen für Frische. Ganz sicher kann man gehen, wenn man an einem solchen Stielchen mal zieht. Sollte es sich leicht herausziehen lassen aus dem Apfel (kroat.: Jabuka), kann man ziemlich sicher davon ausgehen, dass es sich nicht um frisches Obst handelt.
Naja, ich habe den Markt in Bjelovar oben als Beispiel genommen. Das ist Zufall, und hat nicht die Absicht, die Verkäufer dort besonders negativ in Frage zu stellen. Im Gegenteil, gerade auf diesem recht großen Bauernmarkt haben meine Frau und ich schon die allerbesten Äpfel, frisch, knackig, aromatisch und sehr preiswert eingekauft. Leider haben wir auf unserem eigenen Grund am Haus nur noch einen altersschwachen Apfelbaum. Neue Bäumchen haben wir gerade erst gepflanzt.
Wie häufig habe ich früher schon mal in Deutschland in einen äußerlich wunderschönen Apfel gebissen, der innen gerade zum Absprung in Richtung Apfelmus war. Mehlig… alt halt. Das ärgerliche daran ist – aus meiner heutigen Perspektive erst Recht!, dass ich für einen einzigen – manchmal auch „alt-schönen“ Apfel – in Deutschland so viel bezahle, wie in Kroatien für weit mehr als ein Kilo frischer und sehr aromatischer Äpfel. Ich rede und schreibe hier von Äpfeln, nicht von den im Beigeschmack nach Mottenpulver duftendem Zeug aus Plastiktüten.
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