Ich fühle mich erst jetzt richtig angekommen.
Brauchte es erst einer schweren Erkrankung und einem halben Jahr Deutschland, um endlich das Gefühl zu kriegen, in der neuen Heimat „so richtig“ angekommen zu sein?
Ich bin nicht sicher, doch möglicherweise musste ich nochmal meine alte Heimat wahrhaftig ansehen und erleben, um meine Meinung zu festigen, die nach der Idee des Aussteigen aus dem Hamsterrad, mich mit meiner Frau in die triste Einöde nach Kroatien trieb. „Triste Einöde“, so hatte eine Ärztin in Deutschland die Region in Kroatien genannt, aus der sie nach Deutschland „geflüchtet“ ist. „Mein Mann dürfte nichts von Ihren Auswanderplänen hören, er würde am liebsten wieder in seine Heimat zurück“, hatte Frau Doktor gemeint. Wir erfuhren noch, dass ihr Ehegatte Handwerker ist, aber bislang keinen beständigen Arbeitsplatz findet. Dies wunderte mich wiederum nicht. Für ihre zwei Kinder, die sich gut eingelebt hätten, käme eine Rückkehr nicht in Frage.
Wie auch immer, einer scheint tatsächlich immer der Loser zu sein. In diesem Fall der Mann, dem es in Deutschland nicht so gut gefällt, aber sicher auch unter Heimweh leidet.
Heimweh ist es sicher nicht, wenn ich ab und zu an die besonders schönen Momente in meiner alten Heimat denke. Manchmal erscheint mir der lange Lebensabschnitt in Deutschland etwas unwirklich. Hinzu kommt, dass mit zeitlichem Abstand aus meiner heutigen Sicht, ich es schade finde, vieles nicht so intensiv und bewusst genossen habe. Oder bilde ich mir das bloß ein; geht das so vielen Menschen mit zunehmendem Alter, oder gehöre ich zu den besonders sensiblen Zeitgenossen?
Egal, hier und heute fühle ich mich relativ glücklich in meiner „Pampa“, wie ich meine Bleibe in dem Minidorf in Nordostkroatien gerne mal nenne, die schon mal von der Natur überwuchert zu werden droht, wenn man nicht rechtzeitig mit Sense und anderem Gerät dagegen angeht.
Dieses „relativ“ glücklich rührt daher, dass ich mich nach meinem langem Klinikaufenthalt nebst aller weiteren gesundheitlichen Maläste, noch nicht 100% fit fühle.
Freundlicherweise hatten einige mir unbekannte Einwohner in meiner Abwesenheit für mich gebetet, wie ich erst die Tage erfuhr. Darüber wundere ich mich schon etwas, auch wenn mir schon lange bekannt ist, dass der christliche Glaube der Menschen hier stärker zu sein scheint, als in Deutschland. Zumindest ist er hier „sichtbarer“.
Nun, ich bin wieder da und freue mich sehr darüber. Ich hatte mich sehr danach gesehnt, in meine geliebte Einöde mit der wuchernden Vegetation und ihren tierischen Bewohnern, zurück zu kommen.
Ob ich will oder nicht, mein Leben hier wird durch meine voraussichtlich länger anhaltenden Genesungsphase zusätzlich entschleunigt. Manche Pläne muss ich verwerfen und andere verschieben.
Eines mache ich seit kurzem mehr als in den letzten Jahren: Raus, unter die Leute gehen, auch wenn es nicht viele Leute sind, denen man hier begegnen kann. Den Moment genießen… ich glaube, ich kann das heute besser als jemals zuvor.
Mit einer kleinen Rente lässt sich hier bestens leben. Für meine Frau und mich der Hauptgrund, weshalb wir uns für diese Ecke der Welt zum Leben und Ableben entschieden haben. Wir bemitleiden niemanden, der anderswo sein Dasein in einer 3-Zimmer-Wohnung für 700 € fristet, wenn es ihm selbst so gefällt. Dagegen leben wir in unserer kleinen Hütte mit riesig viel Land direkt drumherum allerdings im „Luxus“.
Aber darüber und besonders über das Thema Auswandern im Alter in den nächsten Tagen mehr.
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