Ex-Nationalspieler Özil und Respekt.
Ich als vor ein paar Jahren nach Kroatien ausgewanderter Deutscher, sitze nach getaner Gartenarbeit auf meiner Veranda vor unserer kleinen Massiv-Hütte und denke mal wieder über die aktuellen Nachrichten aus Deutschland nach. Vielleicht sollte ich es einfach sein lassen über die Entwicklung in einem Land zu grübeln, in dem ich nicht mehr leben möchte? Und doch schenke ich mir mehr aus sentimentalen als praktischen Gründen ein Bier aus Karlovac in einen Krug aus dem Schwarzwald ein. Bin ich etwa auch noch nicht „angekommen“ in meiner neuen Wahlheimat, werde ich mich jemals noch hier integrieren können, muss ich das überhaupt?
Aber was hat es denn mit diesem Wort „Respekt“ auf sich, von dem ich in diesen Tagen immer wieder in den Online-Nachrichten zu lesen bekomme. Ein junger Türke und Deutscher namens Mesut Özil scheint es wieder ausgegraben zu haben, dieses Wort, welches – von bestimmten Leuten eingefordert, wie eine Drohung klingt. Respekt, der vor Jahrzehnten den Kids in den westdeutschen Schulen gegenüber ihren Lehrern nahezu komplett verloren ging, erwarten also Respektlose als Erwachsene von ihren Mitbürgern. Eigentlich irrwitzig, aber wenn man weiß, dass der Respekt innerhalb türkisch-stämmiger Familien immer noch so etwas wie ein ungeschriebenes Gesetz untereinander ist, versteht man wieder die Nutzung dieses als ausgestorben geglaubten Wortes. Will man sich unbedingt weiter mit diesem Wort beschäftigen, könnte man unter anderem die Gegenfrage stellen, wo denn der Respekt von einigen türkisch-stämmigen Migranten gegenüber ihrem Gastland bzw. Wahlheimat geblieben ist, in dem auch nicht arbeitende Menschen und ihre Angehörigen mit allem nötigen bestens versorgt werden. Ich will jetzt aber gar nicht auf Özil, seinen Getreuen, seinen Familienmitgliedern oder anderen stolzen Mitbürgern aus diesem Kulturkreis herum hacken. Ich selbst bin ja sogar ein Multi-Migrant, aber eben einer, der nicht erwartet, dass Staat und Gesellschaft seiner Wahlheimat ihm und seinen Angehörigen zuliebe einen „Zweitstaat“ im Staat gründen.
Und nein, ich erwarte auch nicht, dass man sich der mir gewohnten Lebensweise auch nur einen Ticken anpasst. Und ja, es gibt auch in meiner Wahlheimat Dinge, die mich stören, die mir anders lieber wären. Allerdings habe ich so viel Respekt meiner Wahlheimat gegenüber, dass ich mich nicht offen darüber beklage. Die Mitmenschen meines Gastgeberlandes sind nicht freundlicher und auch nicht fremdenfeindlicher als in Deutschland, Frankreich, Polen oder Italien. Gegenteiliges können nur Leute behaupten, die sich dort auf Urlaubsreisen befinden. Nur wer hier lebt, weiß auch wie die Menschen miteinander im Alltag und Beruf miteinander umgehen. Das ist eine ganz andere Sache!
Ich verstehe es sehr gut, wenn einem Gewohntes fehlt. Es ist auch toll, dass durch türkische Mitbürger die Essenskultur bereichert wurde. Ebenso und das für mich ganz besonders, durch Italiener. Und doch wird Deutschland niemals so wie die Türkei werden können, auch wenn man in Teilen Berlins das Gefühl für einen Moment vermittelt bekommt. Und ich finde es gut, dass Italien das echtere Italien ist, und nicht das, was der deutsche Sizilianer in seinem italienischen Lokal mir mehr oder weniger gut zu vermitteln versucht. Kann er vermutlich auch mehr schlecht als recht, weil er in Deutschland geboren und aufgewachsen eben einer von uns, ein Deutscher ist. Das hat er spätestens dann begriffen, wenn er das Land seiner Eltern besucht.
Es ist ja schön und gut, wenn ehemalige Gastarbeiter-Kinder nach ihrer Identität suchen. Müssten die meisten aber nicht, würden sie sich in ihrer neuen Heimat wie Einheimische verhalten, und nicht zwanghaft – und übrigens ganz neu! – über Respekt und Religions-Gedöns laufend faseln.
So, und jetzt wird nach dem gegrillten Hühnchen die Schweinelende mit selbst gemachtem Tzatziki gemampft. Das ist nicht typisch kroatisch, aber muss es ja auch nicht sein.
Josef hoellwerth meint
Freilandtomaten stekovi Burgenland Österreich. Sicher sehr interessant für dich!
LG. Maxjosef
Tom meint
Servus Maxjosef;
danke für Deinen Tipp. Kenne aber schon die Freiland-Arien von dem Menschen.
Sehe ich bissl anders als er, aber so sind wir Paradeiser-Freunde halt 🙂
LG
Tom